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Warum ich keine Sani-Fee mehr habe

Hallo ihr Lieben und schön, dass Ihr wieder hierher gefunden habt. Ich würde euch heute gerne an einer Erkenntnis teilhaben lassen, die mein Denken völlig verändert hat. Doch zu erst möchte ich euch kurz den Weg dorthin erzählen.

 

Am 21.04.2018 war ich auf dem 4. südwestfälischen Lymphtag im Medical-Center Südwestfalen  in Iserlohn-Grürmannsheide. Davon hatte ich euch bei LIPÖDEM MODE in meinem Artikel zu dem Lymphtag erzählt. dort lernte ich die Firma Bauerfeind kennen und lieben und auch das Sanitätshaus.Nach den spannenden Vorträgen hatte man die Gelegenheit noch ein paar Fragen zu stellen und so machte ich die Bekanntschaft mit Frau Gabriele Topp, seit vielen Jahren im Medical-Center angestellt.

EINE NEUE SANI-FEE MUSSTE HER

 

Als ich dann Ende 2018 das Sanitätshaus wechseln wollte und somit natürlich auch meine Sani-Fee, war für mich die Freude natürlich groß, dass Frau Topp in einer Filiale ganz in meiner Nähe beheimatet ist. Die Chemie stimmte von Anfang an, so wie ich Sie vom Lymphtag noch in Erinnerung hatte und somit war klar, hier möchte ich bleiben. Die Versorgungen passen super, der Service wird großgeschrieben und ich fühle mich bis heute wohl und gut aufgehoben, sowie beraten. Ich habe also meine Sani-Fee des Vertrauens gefunden. Endlich!

 

LEIDENSCHAFT ZUM FLACHSTRICK VERBINDET

 

Nun lerne ich ja durch mein Leben in der Öffentlichkeit und die unzähligen Veranstaltungen viele Menschen, ihre Leben und Berufe, Leidenschaften und Berufungen kennen. So auch eine Dame, die ich besonders zu schätzen gelernt habe. Uns verbindet die Leidenschaft zur Aufklärung des Lipödems (und Lymphödems) und von Ihrer Seite aus unter anderem das fachgerechte anpassen einer maßangefertigten Kompressionsbestrumpfung.

 DANN DER SCHOCK 

 

Eines Abends bekomme ich eine WhatsApp: 

Liebe Britta, wir geben jeden Tag alles für euch. Wir lieben euch, leben von euch und lieben die Arbeit mit euch. Aber bitte reduziert uns nicht auf "Sanifee ". Ich habe eine Ausbildung abgeschlossen. Ich habe eine Meisterprüfung bestanden. Habe meinen Betriebswirt absolviert. Wir sind nicht die Sanifeen. Sondern Frauen und Männer die als Beruf und Berufung gelernt haben Frauen mit Lipödem und Lymphödem Hilfsmittel fachgerecht anzupassen. Wir lernen das und lieben das. Ich wollte das längst los werden, habe aber erst jetzt nach einem Gespräch mit einer Kollegin die diese Reduzierung genauso schlimm findet den Mut zu sagen. Wir sind keine Feen sondern haben gelernt euch professionell zu helfen. Dankeschön.

 

WIE BITTE, WAS!?!?!? 

Ich war völlig baff und habe mich gefragt, warum sie das so falsch verstehen, schließlich ist das doch ein Kompliment? Also antwortete ich ihr nach langem Überlegen: 

 

Liebe XYZ! Ich bin sehr erschrocken und traurig wie ihr das auffasst. Das ist eigentlich ein großes Kompliment. Die Betroffenen empfinden eure Fähigkeit, euer Talent und euren erlernten Beruf fast als Zauberei. Ich bin mir zu 100% sicher, dass niemand beabsichtigt euch in eurem Sein und Können abzustufen. Ich weiß sogar, wie geehrt sich viele Sanitätshausfachfrauen fühlen. Aber natürlich nehme ich dein oder euer Empfinden sehr ernst und werde es gerne mal mit der Community kommunizieren. Wäre dir das recht?

 

Es war oder ist ihr Recht. Trotzdem lies mich das nicht los. Ich habe mir da nie Gedanken drüber gemacht, wenn ich das von euch gehört habe oder auch selbst gesagt habe. Schließlich ist das doch was Feines, so eine Sani-Fee. Ich schrieb also meine Sani-Fee an und fragte mal nach ihrer Meinung.

ICH MUSSTE ES ZWEI MAL LESEN

 

Ja, du würdest zu einem männlichen Fachmann auch nicht Strumpfzauberer sagen.

Ich habe die gleiche Ausbildung und lange an meinem Fachwissen gefeilt. Bei männlichen Kollegen käme kein Mensch auf die Idee eine Verniedlichung als Anrede zu nutzen.

Bei Frauen ist das normal.

 Noch schlimmer ist es, wenn es von Frauen kommt.

 Ich weiß, dass das Wort Fee lieb gemeint ist, es stuft uns aber leider fachlich sehr ab.

 Leider ist der Meistertitel keine persönliche Anrede wie z.B. der Doktortitel. Früher, als es sehr wichtig war den Doktor auch im privaten Bereich mit Doktor anzureden, gab es keine Frauen mit Doktortitel.

 Es kommt kein Mensch auf die Idee, dass wir Frauen genauso beschlagen sind wie die Männer.

Dass ich der Meister im Haus bin, kapieren die Kunden meistens nicht.

Die Fragen immer nach dem Chef😂.

Wenn ich dann sage -steht vor Ihnen- können die das kaum glauben.

So, das musste mal gesagt werden.

 LG

 

Plötzlich erinnerte ich mich zurück. In meinem ursprünglichen Beruf, einige wissen es vielleicht, da habe ich in einer sehr männerlastigen Branche gearbeitet. Grundsätzlich wurde ich als Sekretärin abgetan. Nicht, dass es kein ehrenwerter Beruf ist, aber da ich viele Entscheidungen zu treffen hatte und diese eben nur von einem direkten Mitarbeiter akzeptiert wurden, hatte ich es eine lange Zeit sehr schwer. Ich musste mich doppelt und dreifach beweisen. Ich musste härter sein, als alle anderen und viel mehr geben. Den Herren auf der anderen Seite klarmachen, dass ich kein „Schätzchen“ oder „Mäuschen“ bin und ich nicht den Chef holen muss um eine Entscheidung zu treffen, sondern dass ich in dem Moment der Chef bin. Ich habe meinen Beruf sehr geliebt und immer mein Bestes gegeben, doch diese Erinnerungen sind auch mit etwas Traurigkeit belastet. Nur weil ich eine Frau bin, kann ich nicht ebenwürdig sein? Sind Männer automatisch besser? Blödsinn, sage ich! Wenn du in dem was du gelernt hast gut bist und es mit Liebe und Leidenschaft auslebst, dann ist es völlig egal ob du ein Mann oder Frau bist. 

DIE GROßE ERKENNTNIS UND GLEICHZEIT EIN SCHOCK

 

Auch wenn meine liebste Sani-Fee weiß, dass ich das nicht böse meine, ist es doch etwas respektlos. Ich habe also einfach mal gefragt, was denn eigentlich die richtige fachliche Bezeichnung sei und wie sie gerne angesprochen werden möchte. Ihr Titel ist Orthopädie-Techniker-Meisterin und sie hat 1988 ihre Meisterprüfung gemacht.

 

Das ist natürlich sehr lang, deshalb wird es in Fachkreisen OTM abgekürzt. Selbstverständlich spreche ich sie nicht jedes Mal so an. Mich hat es aber eines gelernt, bevor ich das nächste Mal jemandem einen Kosenamen gebe, frage ich erst einmal nach ob ihm dies recht ist.

JEDER HAT RECHT AUF SEINEN TITEL

 

Auch wenn mir natürlich bewusst ist, dass niemand von euch einen Hintergedanken hat oder seine zuständige Sanitätshausfachfrau mit der Bezeichnung diskreditieren möchte, so fragt sie doch einfach mal wie sie angesprochen werden möchte oder was sie von dem Spitznamen „Sani-Fee“ hält. Man lernt sich auf diesem Wege nicht nur besser kennen, sondern bekommt auch einen ganz anderen Bezug zu diesen wunderbaren Menschen. Ich jedenfalls werde mir das zu Herzen nehmen und gehe nun um eine Erkenntnis reicher durchs Leben.

 

Eure Britta